Tweet-Foto verschwunden – Instagram (File-Unsharing)

von neuemodelle

„File sharing: you don’t mind when it’s some musician’s song or a designer’s game. When it’s your shitty Instagram photos it all changes, eh?“ Ein Foto dieses Tweets von kentonallen, der auf einen Gedanken von JamesWallis verweist, macht seit gestern die Runde im Netz. Unter anderem auf Facebook allerdings ist dieses Foto nun bei allen, die es gepostet hatten, von der Wall verschwunden. Weshalb? Darüber kann man natürlich nur spekulieren. Nur ganz eventuell klingelt da, dass Instagram eine Facebook-Tochter ist und enorm unter dem tobenden Shitstorm wegen der angekündigten neuen AGB gelitten hat. Da hatte Instagram doch glatt der Eindruck erweckt, Fotos privater Nutzer zukünftig weiterverkaufen und werblich nutzen lassen zu wollen. Ein Skandal, meinen die Nutzer! Und das ist ein herber Tiefschlag für Instagram, der das Unternehmen sofort zurückrudern ließ. Schadensbegrenzung. In solch gereizter Situation braucht es nicht noch Vergleiche mit illegalem Filesharing. Wie gut also, dass das Tweet-Foto wie von Zauberhand verschwunden ist. Es lohnt nun nicht, beim Facebook-Rivalen Twitter, wo natürlich alles noch vorhanden ist, nach dem Tweet zu suchen. Denn der darin gezogene Vergleich war ja sowieso, wie in vielen Blogs analysiert wird, falsch: Die Nutzer von Instagram wollten doch ganz bewusst, dass ihre Fotos von möglichst vielen Leuten unentgeltlich gesehen und geteilt werden. Sie wollten nur nicht, dass Andere (außer der charmanten wie vertrauenswürdigen Facebook-Tochter) mit ihren Fotos Geld verdienen. Professionelle Künstler wollen hingegen mehrheitlich nicht, dass ihr Material für lau geteilt wird. Das ist doch etwas ganz anderes! Hmm. Schon klar. Aber, ist da nicht doch noch was? Sowohl in der Instagram- als auch in der Filesharing-Debatte geht es um das Recht von Content-Erzeugern, selbst zu entscheiden, was mit ihrem Material passieren darf – und eben auch, was nicht passieren darf. Der Shitstorm gegen Instagram hat nichts anderes ausgedrückt, als dass es nicht okay ist, Dinge mit Dateien zu machen, die deren Erzeuger nicht wollen. Um nichts anderes geht es denen, die vom illegalen Filesharing negativ betroffen sind. Sie wollen auch nicht, dass jemand ungefragt Geld mit ihren Werken verdient und ihnen noch nicht mal etwas abgibt: Die Betreiber der Sharing-Portale verdienen sich oft dumm und dusselig, nur weil die schönen und attraktiven Inhalte kostenlos über ihre Infrastruktur laufen. Ist das tatsächlich etwas ganz anderes, nur weil für ausführlichere Gedanken in einem Tweet kein Platz ist?

File_Sharing

Alle, die sich über die angekündigten Änderungen der Instagram-AGB aufgeregt haben, aber mit freiem Filesharing kein Problem hatten, sollten mal darüber nachdenken, dass die meisten der illegal geteilten Inhalte um ein vielfaches aufwändiger und teurer hergestellt wurden als ein durchschnittliches, aber mit Liebe erstelltes Handy-Foto, das natürlich nicht „shitty“ ist! Vielleicht ist es dann ja doch nicht ganz unverständlich, dass Erzeuger von Musik, Filmen, Büchern und Software nicht wollen, dass ihre Arbeiten in einem „kostenlosen“ Markt landen, von dem Pirate Bay, Kim Schmitz und andere massiv und parasitär profitieren. Wer dann meint, dass die Erzeuger der teuren Inhalte ja aber doch selbst profitieren, weil ihre Werke durch freies Filesharing erst richtig bekannt werden und dann ja gemäß hoch-wissenschaftlicher Studien richtig Absatz auf veralteten Märkten bringen, sollte sich bei Instagram entschuldigen, die neuen AGB in ihrer Ursprungsfassung akzeptieren und sich sagen: Wenn die Fotos ungefragt auf Werbeplakaten und sonstwo landen, wird man richtig bekannt. Man wollte doch den exhibitionistischen Hype. Sonst hätte man sie doch gar nicht erst bei Instagram hochgeladen. Man weiß doch, was passiert, wenn man etwas ins Netz stellt. Das Netz funktioniert nun mal so, dass sich die Dinge eigendynamisch weiterentwickeln. Es ist technisch möglich, also wird es gemacht. Und man selbst verdient nicht weniger, nur weil andere mit den Fotos hinzuverdienen. Die Fotos sind außerdem nicht „weg“, nur weil sie zusätzlich auf Plakaten zu sehen sind. Weg ist nur das Tweet-Foto. Wozu die Aufregung?


AK

27.12.2012 PS: „Wozu die Aufregung?“ – Das müsste man dann auch der Schwester von Facebook-Chef Mark Zuckerberg entgegenrufen. Die Psychologin regt sich nämlich mächtig auf. Ein Foto, das sie auf Facebook mit ihren Freunden geteilt hatte, war plötzlich im Twitter-Profil der Marketing-Managerin Callie Schweitzer aufgetaucht. Randi Zuckerberg findet es lt. Spiegel-Netzwelt aber generell nicht in Ordnung, ein Bild öffentlich zu machen, ohne den Urheber vorher um Erlaubnis zu fragen. „Sehr uncool“ fände sie es, das Bild einfach zu kopieren. Frau Zuckerberg, „sharing is caring!“ – hören Sie auf, von menschlichem Anstand zu faseln. Wir leben im digitalen Zeitalter!